Nicole Schulze-Frieling weiß, worauf es ankommt. Sie öffnet die Tür des mobilen Datenerfassungs- und Analyselabors (MODAL), das angeschlossen und einsatzbereit in der Tiefgarage des Landeskriminalamts steht. Ein funkelnder, frisch gewaschener Mercedes Sprinter, bis unters Dach vollgestopft mit Technik, Stolz des Cybercrime-Kompetenzteams. Sie dreht an einem Schalter und das Licht wechselt von Blau zu Pink. „Das ist, was besonders die Mädels beeindruckt“, sagt Schulze-Frieling.
Im Einsatz zählen dann aber die technischen Highlights, denn es handelt sich beim MODAL-Fahrzeug um „ein echtes Stück Hightech und einen weiteren Baustein, mit dem wir der Digitalisierung und Virtualisierung von Kriminalität begegnen“, wie Innenminister Herbert Reul es bei der Präsentation des mobilen Labors im Landeskriminalamt sagte. „Wir sind innerhalb von kürzester Zeit einsatzbereit und scheuen keinen Aufwand“, sagt Nicole Schulze-Frieling, auch verdeckte Einsätze sind jederzeit möglich.
Daten und Datenträger bilden in vielen Kriminalitätsfeldern inzwischen die wichtigsten Ermittlungsansätze. Sie zu sichern und möglichst schnell verfügbar zu machen, sie aufzuspüren, bevor sie gelöscht werden, ist eine Schlüsselaufgabe für die Ermittlerinnen und Ermittler. Nicht erst in Zukunft, sondern schon jetzt.
Das MODAL ist ein mobiles Rechenzentrum mit zwei extrem leistungsstarken Servern, auf denen die unterschiedlichsten Betriebssysteme installiert sind. Es beherbergt drei voll funktionsfähige Arbeitsplätze, die mit allem ausgestattet sind, was nötig ist, um Daten einzulesen, zu analysieren und weiterzuleiten.
"Das System ist einzigartig in Deutschland und Europa."
Andreas Arbogast, Kriminaloberkommissar LKA NRW
Die hardware- und softwaretechnische Ausstattung wurde durch ihn und das Sachgebiet 41.2 des LKA NRW geplant und realisiert. Das MODAL bildet einen Meilenstein bei der Bekämpfung aller Arten von Kriminalität, die mit der Sicherung von Daten zu tun haben. Und das bedeutet heutzutage nahezu immer.
Deshalb ist es auch mit einem eindrucksvollen Speicher von nahezu einem halben Petabyte ausgestattet. „Insbesondere bei der Sicherung von Bild- und Videodateien hat uns der Speicher bereits gute Dienste erwiesen“, sagt Nicole Schulze-Frieling.
Dies sei regelmäßig bei der Bekämpfung von Kinderpornografie der Fall. Die modernen IT-forensischen Werkzeuge an Bord garantieren, dass die Beweise nachvollziehbar und ohne Veränderungen im Gerichtsverfahren gewürdigt werden können.
Laut einer Studie des Branchenverbands Bitkom führen Cyberangriffe bei 86 Prozent aller Unternehmen zu Schäden. Im Jahr 2022 rechnete der Digitalverband mit einem jährlichen Gesamtschaden von 203 Milliarden Euro für die deutsche Wirtschaft durch Diebstahl, Spionage und Sabotage.
Und doch, manche Behörden und Ermittler scheuen sich offenbar noch, die digitale Einsatzgruppe beim Landeskriminalamt um Hilfe zu bitten. „Wir würden uns wünschen, dass die einzelnen Behörden öfter auf uns zukommen“, sagt Schulze-Frieling. Ihr Kollege Arbogast ergänzt: „Es besteht wohl immer noch eine gewisse Scheu, beim LKA anzurufen.“ Die sei aber vollkommen unbegründet. „Wir verstehen uns als Dienstleister und Unterstützung für die ermittelnden Beamtinnen und Beamten vor Ort“, sagt er. Und das betreffe alle Ermittlungen, ob es um Kinderpornografie gehe oder um Anschläge oder große Schadenereignisse.
So kann MODAL auch als WLAN-Hotspot oder Datenspeicher dienen. Arbogast und seine Kolleginnen und Kollegen stellen sich etwa in Fußgängerzonen auf, damit Zeugen vor Ort Bilder und Videos von ihren Smartphones schnell und unkompliziert an die Polizei übermitteln können. Auch die Bilder von Überwachungskameras können so schnell und unkompliziert für die Ermittlerinnen und Ermittler zur Verfügung stehen. Beim Anschlag in einem Duisburger Fitnesscenter im April etwa war der Einsatz des MODAL von entscheidender Bedeutung, um den Täter frühzeitig zu identifizieren.
Das Licht wechselt noch einmal die Farbe, was Andreas Arbogast nutzt, um auch auf die Kaffeemaschine hinzuweisen. „Sehr beliebt und hat schon viele Kolleginnen und Kollegen glücklich gemacht“, sagt er. Und vielleicht sind diese vermeintlichen Nebensächlichkeiten ja wichtiger, als man zunächst denkt